"Kein Sex mehr in der Ehe": Wenn du das bei der Suchmaschine deiner Wahl eingibst, willst du entweder “nur für einen Freund recherchieren” oder bist mit deiner jetzigen Situation nicht zufrieden.
Eigentlich ist es auch egal, ob du für dich selber recherchierst oder für andere, denn offensichtlich gibt es da dieses Problem, dass zwei Menschen in ihrer Ehe nicht mehr miteinander schlafen, und dass es zumindest eine Person gibt, die mit diesem Zustand nicht zufrieden ist.
Menschen in festen Beziehungen haben statistisch gesehen weniger Sex. Zumindest war das das Ergebnis einer Studie zur Sexualität Erwachsener in Deutschland der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung aus dem Jahr 2020¹. Was aber für euch im Zweifelsfall “wenig” ist und ab wann man in einer Ehe “keinen Sex mehr” hat, ist sehr individuell. Ist für dich ein Monat ohne Sex ein Problem? Oder vollkommen okay? Und zwei Monate? Ein “Ausrutscher”, den ihr danach mit mehreren Wochen täglich ausgleicht? Oder der Start in eine Phase von mehreren Jahren? Oder ist alles ganz anders und gesundheitliche Fragen stehen dem Sex im Weg?
Lass mich dir zuerst sagen: Keinen Sex mehr zu haben muss nicht unbedingt problematisch sein, und ihr seid auch lange nicht das einzige Paar, das durch diese Phase geht. Es hilft, zu verstehen, woher die Unlust kommt, denn je nach Situation gibt es ganz unterschiedliche Dinge, die sinnvoll sein können, um eure Lage entweder zu akzeptieren oder zu ändern. Denn beides ist grundsätzlich in Ordnung.
Körperlichkeit stärkt die emotionale Bindung
Über körperliche Nähe und Zärtlichkeit in einer Beziehung schaffen wir eine starke Bindung zu unserem Lieblingsmenschen. Durch körperliche Berührungen, Umarmungen und Küssen werden Hormone wie Oxytocin und Dopamin freigesetzt, die das Gefühl von Verbundenheit und Liebe verstärken. (Übrigens gilt das auch im nicht-sexuellen Sinne für Umarmungen zwischen Familienmitgliedern und Freunden!) Diese Momente der körperlichen Nähe stärken das Band zwischen Menschen und schaffen eine emotionale Intimität, die für viele Menschen die Grundlage für eine langfristige und glückliche Beziehung bildet.
Darüber hinaus spielt die Sexualität eine entscheidende Rolle bei der Befriedigung der Bedürfnisse und Wünsche beider Partner. Eine erfüllende Sexualität kann das Vertrauen und die Selbstachtung stärken, was wiederum das Selbstbewusstsein und das Wohlbefinden der Partner in der Beziehung verbessert. Es ist wichtig, dass beide Partner offen und ehrlich über ihre sexuellen Bedürfnisse und Wünsche kommunizieren, um sicherzustellen, dass beide zufrieden und erfüllt sind. Eine gesunde und befriedigende Sexualität reduziert Spannungen und Konflikte in einer Beziehung. Der Austausch von Zärtlichkeiten und körperlicher Nähe baut Stress und Ängste ab, was zu einer insgesamt harmonischeren Partnerschaft führt. Studien zeigen, dass Paare, die regelmäßig intim sind, eine höhere Zufriedenheit mit ihrer Beziehung haben und weniger Konflikte erleben.
Was bedeutet "Sex" für euch?
In diesem Zusammenhang gibt es auch noch eine andere wichtige Frage: Was ist für euch Sex? Was zählt “schon” darunter, was “noch” nicht? Vielleicht hast du Teenager, die gerade sexuell aktiv werden. Das heißt nicht, dass sie penetrativen Sex haben müssen. Als Elternteil identifizierst du vielleicht schon Händchenhalten als sexuelle Aktivität. Das gilt besonders, wenn dein Kind doch gefühlt bis vor Kurzem noch in der Grundschule war… Und dem Nachwuchs geht es bestimmt ähnlich: Händchenhalten fühlt sich mega krass an! Da denkt man vielleicht noch gar nicht weiter…
Diese Erfahrung darfst du dir ins Gedächtnis rufen. Manchmal steckt ein Tanz, ein Telefonat oder eine Massage voller sexueller Energie. Gilt das als Sex? Oder “nur” als Vorspiel? Gilt Oralverkehr als Sex? Sex kann viel mehr sein als Penis-in-Vagina. Was für euch zählt und was nicht, müsst ihr als Paar auskundschaften. Da gibt es kein Richtig oder Falsch, sondern nur eure (hoffentlich) gemeinsame Linie.
Warum kein Sex mehr in der Ehe?
Es gibt viele Gründe, warum das Liebesleben in einer Ehe mit der Zeit nachlässt.
Die Verliebtheit endet
Zu Beginn einer Beziehung übernehmen die Hormone das Verliebtsein – und damit meist auch die Libido. Wir lieben einfach alles an unserem Gegenüber und haben die berühmte rosarote Brille auf. Und da wir so hin und weg sind, ist auch das Liebesleben ein Traum: Der Lieblingsmensch liest jeden Wunsch von den Augen ab, man kann kaum die Finger voneinander lassen und die Sexualität hat im Alltag einen hohen Stellenwert.
Doch nach spätestens drei Jahren ist diese Phase zu Ende. Dein Körper schüttet die Verliebtheitshormone nicht mehr von selber aus. Wenn du willst, dass eure Beziehung von der Verliebtheit zur Liebe übergeht, musst du aktiv werden und die Beziehung von dir aus am Leben halten.
Für den Sex bedeutet das: Vielleicht hattest du früher ständig Lust auf Sex und bei dir hat sogar der alte Witz funktioniert: “Schatz, sag mir was Schmutziges” - “Küche”.
Und nun ist die schmutzige Küche genau ein Punkt, warum du absolut keine Lust mehr auf Sex hast. Die Aufgabenliste im Kopf ist einfach zu lang.
In dieser Phase noch Lust auf Sex zu haben, stellt viele Paare vor eine große Herausforderung, denn was früher selbstverständlich schien, erscheint nun als Aufwand und Arbeit. Es geht also nicht darum, dass man sich nicht mehr lieben würde, sondern eher darum, dass etwas anderes im Weg steht.
Natürlich gibt es auch viele Paare, die nach Ende der Verliebtheit weiterhin knisternden Sex erleben. Ihr Geheimnis: Sie räumen dem Sex die entsprechende Priorität ein!
Keine Priorität mehr
“Na, wollen wir noch ein wenig…?” – “Entschuldige, aber ich muss noch diesen Bericht für morgen fertig schreiben…” Das kennen wir so oder so ähnlich bestimmt alle. Und wenn es irgendwann mal vorkommt, muss eure Ehe daran nicht scheitern. Wenn es allerdings ständig etwas gibt, das erst noch erledigt werden muss, ist es schwierig, sich fallenzulassen und das gemeinsame Liebesleben zu genießen. Da kann es sogar vorkommen, dass Sex bloß zu einer weiteren Aufgabe auf der ewigen To-Do-Liste wird…
Aus der Erfahrung meiner Coachings sind das die drei meistgenannten Themen bei der Frage:
Was zieht so viel Aufmerksamkeit, dass ihr keinen Sex mehr habt?
Lass mich auf jeden der drei Punkte noch etwas genauer eingehen...
Kein Sex mehr in der Ehe wegen der Kinder
Das klingt ganz schön mies, oder? Kinder als Grund für keinen Sex mehr… Bestimmt kennst du auch den Satz “Kinder sind das beste Verhütungsmittel”. Das muss natürlich nicht sein, wie ja im Prinzip jede Familie mit mehr als einem Kind beweist.
Es ist auch nicht so, als würde der Nachwuchs euch bewusst am Sex hindern. Eher ist es so, dass zunächst der Körper einer frischgebackenen Mutter heilen muss, bevor vaginaler Sex überhaupt wieder schmerzfrei möglich ist. Es gibt Frauen, bei denen das nur wenige Wochen dauert, aber es ist auch normal, dass der Körper wesentlich länger braucht: Bis zu einem Jahr und darüber hinaus! Hier ist es vor allem für Männer wichtig, die körperlichen Vorgänge einer Geburt und im Wochenbett besser zu verstehen, damit sie keine falschen Erwartungen haben.
Auch hier kommt allerdings wieder ins Spiel, was ihr unter Sex versteht: Intensives Kuscheln und gegenseitiger Oralverkehr geht unter Umständen schon wesentlich früher wieder als penetrativer Sex.
Das Elternpaar-Dilemma als Grund für keinen Sex mehr in der Ehe
Auch später, wenn die körperliche Verfassung wieder halbwegs passt, ist die Umstellung auf ein Liebesleben als Eltern schwierig. Denn mit den Kindern ändern sich die Prioritäten und die Zeitfenster. Besonders schnell reden Eltern an ihren jeweiligen Bedürfnissen vorbei, wenn eine Person zu Hause die Sorgearbeit übernimmt und die andere erwerbstätig ist – so verliert man sehr schnell das Gefühl dafür, was der Lieblingsmensch gerade braucht.
Vielleicht habt ihr dann irgendwann wieder Sex, weil ihr euch bewusst für ein weiteres Kind entscheidet – das hat dann allerdings wenig mit spontaner Lust zu tun.
Und spätestens wenn die Familienplanung abgeschlossen ist, landet ihr dann in der Flaute.
Der fehlende Sex ist also meist nur ein Symptom des Elternpaar-Dilemmas. In dieses Dilemma rutschen Paare, die gedacht haben, sie könnten als Eltern ihre Beziehung genau so weiterführen, wie sie es ohne Kinder getan haben. Dann fehlt nämlich nicht nur der Sex, sondern auch die Vertrautheit und Harmonie im Alltag. Ihr werdet zur Eltern-WG, deren einziges gemeinsames Ziel die Organisation des Alltags mit Kindern ist.
Diese Entwicklung erlebe ich in meinen Coachings, aber auch in Gesprächen mit Menschen ganz allgemein so häufig, dass ich dafür einen eigenen kostenfreien Minikurs entwickelt habe: Das Elternpaar-Dilemma.
In diesem kostenlosen Workshop zeige ich dir, warum so viele Eltern in dieses Dilemma rutschen und vor allem natürlich, wie sie da wieder herauskommen!
Der Haushalt ist der Liebestöter
Das bisschen Haushalt… macht sich eben doch nicht von allein. Und erst recht macht er sich nicht von allein, wenn die Verantwortung dafür nur bei einer einzigen Person liegt. Zum einen ist es einfach Zeit, die dabei drauf geht, und möge man auch noch so gut organisiert sein und gute Hilfsmittel zur Hand haben. Zum anderen ist es die ewige To-Do-Liste im Kopf, die dir sagt, dass du ja noch lange nicht fertig ist. (Denn ganz ehrlich: Selbst wenn alles tiptop aufgeräumt ist, alles sauber und die Wäsche gebügelt in den Schränken, gibt es da ja immer doch noch irgendwas zu tun… Ob im Keller, in der Garage, auf dem Dachboden oder auch nur im Schrank.) Allein zu wissen, dass es diese Aufgaben noch gibt, kann ein Beziehungskiller sein. Mental Load ist mehr als ein Modewort. Mental Load kann euer Liebesleben sehr böse beeinflussen.
Selbst und ständig? Wenn der Job den Sex klaut
Du musst gar nicht selbstständig sein, damit dein Job dein Liebesleben negativ beeinflusst. Stress im Job, eine hohe Stundenanzahl oder auch nur ungünstige Arbeitszeiten können dein Liebesleben negativ beeinflussen. Falls dann noch “freiwillige” After-Work-Events dazukommen, bleibt kaum mehr Zeit für Zweisamkeit. Wenn ihr euch dann doch mal einen gemeinsamen Abend freischaufelt, seid ihr womöglich mit den Gedanken doch noch auf der Arbeit.
Mir ist klar, dass wir alle Geld brauchen, um zu leben. Und Erfüllung im Job kann andererseits auch helfen, zufrieden zu sein – was sich positiv auf die Beziehung und das Liebesleben auswirken kann.
Aber seien wir ehrlich: Mehr Geld hilft nicht unbedingt, wenn dadurch keine Zeit mehr für die Beziehung bleibt.
Der Körper kann nicht mehr
Manchmal liegt es nicht an der Priorität, sondern an körperlichen Ursachen. Nicht nur eine Geburt kann einen Körper stark verändern, auch Unfälle, Krankheiten und das Älterwerden können dazu führen, dass wir unser Sexleben anpassen müssen. Manchmal helfen Medikamente, manchmal hilft auch ein neuer Blickwinkel, der andere Arten der Stimulation in den Vordergrund rückt.
Mögliche Auswirkungen von fehlendem Sex auf die Ehe
Vorneweg ist es wichtig, dass du verstehst: Bei manchen Paaren hat weniger Sex andere Auswirkungen als bei anderen Paaren. Es kann also sein, dass du nur eine der folgenden Auswirkungen spürst, oder dass du sie mal gespürt hast, jetzt aber nicht mehr wahrnimmst. Und natürlich ist auch wieder wichtig, wie ihr Sex (und Sexualität) für eure Partnerschaft überhaupt definiert. Nicht immer sind Phasen ohne Sex eine Belastung für eine Beziehung.
Wenig oder kein Sex mehr in langjährigen Beziehungen kann also (aber muss nicht!) folgende Auswirkungen haben:
- 1Mangelnde Intimität und Verbundenheit: Als ein wichtiger Bestandteil der körperlichen Intimität kann Sex dazu beitragen, dass sich Partnerinnen und Partner noch näher kommen. Im Umkehrschluss kann fehlender Sex dazu führen, dass sich Lieblingsmenschen voneinander entfremden und sich emotional voneinander distanzieren.
- 2Vermindertes Vertrauen und Kommunikation: Sex kann auch dazu beitragen, das Vertrauen zwischen zwei Menschen zu stärken, da sie sich auf einer sehr intimen Ebene miteinander verbinden. Wenn Sex fehlt, kann dies zu einem Mangel an Vertrauen führen und die Kommunikation zwischen den Partnern erschweren.
- 3Frustration und Unzufriedenheit: Frust kommt vor allem auf, wenn die Situation von beiden Menschen unterschiedlich wahrgenommen wird. Das kann zum Beispiel passieren, wenn einer der Partner den anderen regelmäßig abweist oder sich das Paar nicht auf eine gemeinsame sexuelle Frequenz einigen kann. Typisch ist auch, dass die Schuld für die Flaute im Bett beim Lieblingsmenschen gesucht wird.
- 4Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl: Fehlender Sex in einer Ehe kann auch das Selbstwertgefühl beeinträchtigen. Das Gefühl, nicht attraktiv oder begehrenswert zu sein, wirkt sich dann auch auf andere Bereiche des Lebens aus.
- 5Affären: Wer in seiner Beziehung zufrieden ist, sucht keine Affäre. Wer unzufrieden ist, spielt vielleicht mit dem Gedanken, sich außerhalb der Ehe sexuelle Erfüllung zu suchen. Das führt fast immer dazu, dass es in der Ehe bergab geht.
Kein Sex mehr in der Ehe: Nur ein Symptom?
Wenn ihr keinen Sex mehr habt, aber ansonsten in eurer Beziehung alles super ist, habt ihr vielleicht gar nicht unbedingt ein Problem. Es gibt durchaus langjährige Beziehungen, bei denen die sexuelle Anziehungskraft nachlässt, die aber davon abgesehen genauso herzlich, offen und vertraut miteinander umgehen. Wenn das für beide Menschen okay ist, müsst ihr nicht mal unbedingt etwas ändern.
Doch wenn ihr diesen Artikel lest, stört es euch vermutlich doch. Und dann ist die Frage: Wie bekomme ich wieder mehr Leidenschaft und Körperlichkeit in meine Ehe?
An dieser Stelle merke ich in meinen Coachings oft, dass der fehlende Sex eigentlich nur ein Symptom ist. Denn es hakt an vielen Stellen. Eure Kommunikation ist oberflächlich und nichtssagend, ihr verbringt kaum mehr Zeit miteinander, ihr interessiert euch nicht für das, was eurer Lieblingsmensch tut. Ihr verbringt eure Zeit lieber alleine oder mit anderen Menschen, aber nicht mit eurem Ehepartner.
Eigentlich ist es da ja kein Wunder, dass auch im Bett nichts mehr läuft.
Denn wer sich im Alltag nicht mit einer Person wohlfühlt, hat wohl kaum Lust auf eine heiße Liebesnacht.
Für die meisten Paare ist es deshalb eher schwierig, sich einfach nur vorzunehmen, mal wieder mehr miteinander zu schlafen. Das klappt vielleicht kurzfristig, ändert aber langfristig nichts daran, dass ihr eher nebeneinander her lebt statt miteinander.
Ich empfehle deshalb meist, zunächst an anderen Stellschrauben zu drehen.
5 Tipps für Paare, die wieder Schwung in ihr Liebesleben bringen möchten.
Wie ich oben bereits geschrieben habe: Nicht immer gibt es die eine schnelle Lösung, die dann auch noch langfristig Erfolg bringt.
Meine Tipps sind deshalb etwas anders als “kauft euch zusammen ein Sexspielzeug” (wobei das nicht heißt, dass ihr keine Sextoys benutzen sollt, wenn es beiden Spaß macht!). Sexspielzeug, Rollenspiele, selbst Pornos, können das Liebesleben bereichern, aber nur, wenn ihr bereits auf einer guten gemeinsamen Basis steht. Es geht bei diesen Tipps also eher darum, euren Sex von vier auf fünf Sterne zu heben, statt von “Tote Hose” auf “lustvoll”. Aphrodisierende Lebensmittel sind übrigens genauso wenig hilfreich, denn sie steigern zwar vielleicht die generelle Lust, aber nicht unbedingt die Lust auf deinen Lieblingsmenschen. Bevor ihr also Tantra lernt, kümmert ihr euch besser um die Psychologie eurer Beziehung:
- 1Lern deinen Lieblingsmenschen neu kennen: Der erste Schritt, um die Intimität in der Ehe wiederherzustellen, ist offene und ehrliche Kommunikation. Und das ist gar nicht immer so einfach, denn wir lernen es nicht in der Schule, wirklich gut zu kommunizieren. Vielleicht kennst du die Geschichte des Ehepaares, bei dem die Frau jeden Morgen die Brötchen aufschnitt und ihrem Mann die Unterhälfte gab, weil sie selber die Unterhälfte lieber mochte, deshalb davon ausging, dass er es genauso sah, und ihm etwas Gutes zun wollte? Er dagegen ärgerte sich über Jahre hinweg, weil er die Oberhälfte lieber mochte und es ihm missfiel, dass seine Frau diese jeden Morgen für sich reklamierte. Klar ist das ein banales Beispiel, aber es zeigt: Wir können nicht in den Kopf unseres Lieblingsmenschen schauen! Weißt du wirklich, was dein Lieblingsmensch braucht, um sich fallen lassen zu können? Weiß dein Lieblingsmensch, welches Parfüm du an ihm besonders erotisch findest? Tastet euch heran, fangt mit unverfänglichen Fragen (wie der präferierten Brötchenhälfte) an.
- 2Nimm dir Zeit für deinen Lieblingsmenschen: Die Welt um uns herum ist hektisch. Wir alle wissen: Es ist nicht immer leicht, Zeit für den Partner zu finden. “Zeit hat man, wenn man sie sich nimmt” – schon klar. Vielleicht hilft es dir, diese Zeit genauso im Kalender zu verbuchen wie Arbeit, Zahnarzttermine und das Fußballspiel des Nachwuchses. Plant Dates ein. Die müssen nicht mit Sex enden!! Es geht einfach darum, dass ihr gemeinsam Zeit verbringt, die ihr genießt. Ideen für Dates (auch für Eltern mit kleinen Kindern) findest du übrigens bei meinen 111-Date-Ideen für zu Hause.
- 3Zeige Zuneigung und Wertschätzung: Kleine Gesten der Zuneigung und Wertschätzung sind Gold wert. Zu Beginn der Beziehung habt ihr solche Gesten ausgetauscht, ohne darüber nachzudenken. Mit der Zeit schläft das bei manchen Paaren ein… Einfache Gesten wie Umarmungen, Küsse und liebevolle Worte können die Bindung vertiefen und führen langfristig dazu, dass auch das Liebesleben wieder an Fahrt aufnimmt.
- 4Lass die Schuldfrage außen vor: Ja, wir neigen dazu, die Schuld für die sexuelle Unlust beim Gegenüber zu sehen. “Ich will ja, aber mein Partner / meine Partnerin hat nie Bock.” “Ich würde ja gerne, aber wenn ich nicht mehr Unterstützung beim Haushalt / bei den Kindern / bei unserer finanziellen Versorgung bekomme, kann ich nicht genug abschalten.” Zu fragen, wer bisher Schuld hatte am fehlenden Sex, wird euch nicht dabei helfen, wieder mehr miteinander zu schlafen. Lasst die Schuldfrage außen vor und schaut eher, welche Gewohnheiten sich bei euch beiden eingeschlichen haben, die ihr ab jetzt ändern könnt, um euren Partner oder eure Partnerin und euch selbst mehr gedanklichen Freiraum für Sexualität zu schaffen.
- 5Affären und Seitensprünge sind tabu! Und noch eine Sache möchte ich an dieser Stelle klar sagen: Es ist nicht sinnvoll, das Liebesleben auszulagern! Ob nun ein Seitensprung oder eine Affäre: Beides ist bloß ein Pflaster auf eine große Wunde. Es löst euer Problem nicht, denn die Gründe für die sexuelle Flaute werden nicht behoben, sondern verdrängt.
Therapeutische Unterstützung für Paare mit sexuellen Schwierigkeiten
“Geht doch zu einer Sexualtherapie.” Hast du diesen Tipp auch schon gehört? Ich stehe solchen Tipps recht kritisch gegenüber. Denn eine Paartherapie (egal mit welchem Schwerpunkt) ist nur sinnvoll, wenn beide Menschen bereit sind, über ihren Schatten zu springen und sich mit der Situation zu beschäftigen…
Nur dann kann man den Ursachen der sexuellen Schwierigkeiten auf den Grund gehen und mit einem passenden therapeutischen Ansatz dem Liebesleben wieder Schwung einhauchen.
Seid euch darüber im Klaren, dass eine Therapie erstmal viel Dreck aufwirblen kann und es dauert, bis ihr die positiven Effekte in eurer Partnerschaft spürt. Dann allerdings könnt ihr nachhaltige Veränderungen zum Positiven etablieren.
Ist zu wenig Sex ein Trennungsgrund?
Alles kann ein Trennungsgrund sein. Die falsch geleerte Zahnpastatube, eine Affäre, zu wenig, schlechter oder gar kein Sex mehr. Wenn du dich trennen willst, wirst du schon einen Grund finden.
Und vermutlich wird dann in deiner nächsten Beziehung nach Ablauf der rosaroten Verliebtheitsphase ein ähnliches Problem auf dich warten. Denn fehlender Sex wird nicht dadurch besser, dass du dir einen neuen Menschen suchst. Guten, für beide Seiten befriedigenden, glücklichmachenden Sex haben Menschen nämlich vor allem dann, wenn sie sich auch so mit der Person wohlfühlen. Und dieses Wohlfühlen nimmt, wenn du nicht dafür arbeitest, auch in deiner neuen Beziehung ab.
Entscheide also: Suchst du einen Trennungsgrund? Dann ist “kein Sex mehr in der Ehe” genauso gut oder schlecht wie jeder andere.
Willst du deine Beziehung wieder romantisch und liebevoll machen – inklusive heißer Nächte? Dann nutzt dir die Trennung wenig.
Statt Paartherapie oder Trennung: Priorisiere deine Beziehung!
Priorisiere deine Beziehung, um wieder mehr (und richtig guten!) Sex in deiner Ehe zu haben. Und ich schreibe bewusst an dich, nicht an euch. Du kannst deinen Ehemann oder deine Ehefrau nicht dazu zwingen, eure Beziehung zu priorisieren. Geh einfach mit gutem Beispiel voran. Du wirst merken, dass sich das nach und nach auch darauf auswirkt, wie dein Partner oder deine Partnerin sich dir gegenüber verhält. Wenn wir jemandem mit Zuneigung begegnen, ist es einfach viel wahrscheinlicher, dass diese Person uns ebenfalls freundlich entgegentritt.
Mir ist durchaus bewusst, dass das nicht immer einfach ist. Wenn wir alle das Wissen, das wir haben, immer in die Praxis umsetzen würden, hätten wir einen ganzen Batzen weniger Probleme – sowohl in unserer Ehe als auch in vielen anderen Bereichen des Lebens (ich sage nur: regelmäßiger Sport…)
Aber die Umsetzung ist nun mal nicht einfach.
Da ist es sinnvoll, dass du dir Unterstützung holst. Das kann ein Freund oder eine Freundin als “Accountability Partner” sein, also als Mensch, dem du gegenüber rechenschaftspflichtig bist. Der kann dich jeden Abend fragen: Wie hast du heute deine Beziehung priorisiert und was hast du heute Gutes für deinen Ehemann oder deine Ehefrau getan?
Falls dir niemand einfällt, kannst du auch dein eigener Accountability Partner sein. Schreib dir einfach jeden Tag in ein Tagebuch, was du heute für deinen Lieblingsmenschen getan hast. Sei ehrlich. Es geht nicht um Perfektion, sondern und den Schritt in die richtige Richtung. Stell dir jeden Tag die Frage: Was kann ich heute für meinen Lieblingsmenschen tun und wofür bin ich dankbar?
Ein erfülltes Sexleben in einer langen Ehe ist möglich!
Diese Erfahrung mache ich immer wieder mit meinen Klientinnen und Klienten – und auch ganz persönlich! Deshalb weiß ich, wie toll es ist, eben doch mehr als nur Eltern zu sein. Ich wünsche dir, dass auch du wieder Liebe, Vertrauen und Geborgenheit in deiner Ehe aufleben lässt. Dann sind die Voraussetzungen für ein erotisches Sexleben ausgesprochen gut. Ich wünsche dir viel Spaß dabei!
¹ https://www.bzga.de/presse/pressearchiv/pressemitteilungen-2020/2020-09-23-uke-und-bzga-stellen-erste-ergebnisse-der-studie-zur-sexualitaet-erwachsener-in-deutschland-vor/ (abgerufen am 28.06.24)